Orbis Incognita
Orbis Incognita - Das Rollenspiel
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Das stimmte zweifelsohne, wie Bendix inzwischen wusste, doch lagen die Geschehnisse in den „Säbeln“ kaum acht Stunden zurück, und Alicia war, wie er sich am selben Morgen noch überzeugt hatte, noch nicht wieder zu Hause aufgetaucht. „Ich will es dir verraten, mein junger albionischer Freund. Guntrams Sekräterin arbeitet für mich, seit fast 10 Jahren schon. Sie hat mir vorhin alles berichtet. Aber selbstverständlich wusste ich das meiste schon...“

Bendix erstarrte vor Ehrfurcht, denn die für ihre Behäbigkeit berüchtigte „Gomdische Postille“ würde diese Neuigkeiten frühestens in er übernächsten Ausgabe bringen. „Ein Mädchen, das auch du ganz gut kennst, glaube ich“, Malice zwinkerte, „hat mir noch in der letzten Nacht Bericht erstattet.
Ein sehr begabtes Mädchen übrigens, wie du weißt, oder?“ Bendix errötete bis unter die Haarwurzeln. „Aber trotzdem schuldest du mir etwas, mein Junge“, fügte Malice an, nun ernster werdend. „Warum das?“ „Du hast gestern einen meiner besten Informanten getötet! Paul Hindelang hat mich seit fast 20 Jahren über alles informiert, was in den „Säbeln“ passiert.“ Bendix schlukte, da er Malice natürlich nicht hatte verärgern wollen. „Kann ich etwas für Euch tun?“ Malice brach in schallendes Gelächter aus. „Ja, das kannst du. Ich würde Dich zugern als Mitglied meiner Geheimorganisation sehen, damit du mich gelegentlich mit Informationen versorgst. Was hälst Du davon?“
Bendix, ganz Händler, gab sich den Anschein, noch zu überlegen, obwohl er genau wusste, dass ihm die Kontakte des alten Fuchses auf der anderen Tischseite sehr weiterhelfen würden. „Da schlage ich natürlich ein, Malice!“ Die beiden stießen fröhlich an, und plauderten ein wenig, während sich Bendix mit einem Auge wieder den Notizen zuwandte. Plötzlich schoß Bendix hoch, wie von der Tarantel gestochen, sprintete zur Tür und dann weiter auf die Straße.

Malice schüttelte verächtlich den Kopf und warf einen Blick auf die Notizen des Wirtes, die Bendix auf dem Tisch hatte liegen lassen. Dort lagen die genauen Pläne für den Diebstahl des Gemäldes, den der Hehler wohl gemeinsam mit einer jungen Fassadenkletterin und Diebin geplant hatte. Weiter unten fand sich eine Notiz, das die Diebin vor einigen Tagen mehr durch Zufall einen teuren Ring gestohlen hatte, als sie sich die Garteninsel angeschaut hatte, um mögliche Fluchtwege zu erkunden.
Malice grinste, als er sich die Pläne für den Diebstahl des Gemäldes erneut anschaute. „Meisterhafte Planung“, dachte er, „Nun ja, bei meiner Erfahrung...“ Und er überlegte, dass die Diebe für ihre 80 Gulden wirklich hervorragende Arbeitsanweisungen bekommen hatten. Weiter unten auf der Seite fand sich eine Notiz über den Wert eines Artefaktes, das Malice brennend interessierte: Der Schattenmantel.

Der Hehler schätzte den Wert des Artefakts offenbar auf rund 750 Gulden, eine Schätzung, der Malice nur Zustimmen konnte. Mit säuerlicher Miene las der alte Dieb weiter bis zum Ende der Zeilen. Dort war eine Schiffsabfahrt nach Bourbon notiert, mit der man den Schattenmantel vorsichtshalber aus Nevongard fortschaffen wollte. Malice fluchte, als er auf die Uhr an der Wand schaute: Das Schiff war vor weniger als einer halben Stunde in See gestochen.

Bendix stand auf der äußeren Mole des nevongarder Hafens und fluchte lautstark auf albionisch, gomdisch und soldalisch. Fast außer Sichtweite konnte er ein Schiff erkennen, das Nevongard in Richtung Bourbon verlassen hatte, an Bord den Schattenmantel, möglicherweise eine junge Diebin sowie das Erbstück der Blaudorns und das Gemälde des verstorbenen Schuldirektors. Bendix fluchte weiter und trat mit aller Gewalt gegen ein leeres Fass, das auf der Mole stand.

So nah! So nah war er dem Ruhm und dem großen Geld gewesen! Doch auf der anderen Seite hatte er die Konzession, in Nevongard als Händler zu arbeiten, eine offizielle Belobigung sowie Beutestücke im Wert von rund 250 Gulden, die in Rainalds Kammer auf ihn warteten, sofern der Straßenkämpfer noch nicht damit durchgebrannt war. Dieser Gedanke ließ Bendix die Schritte zurück in die Innenstadt Nevongards lenken, dass ihn mit der üblichen, lebhaften Geschäftigkeit willkommen hieß.

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