Bendix rammte seinem Gegner die Faust mitten ins Gesicht und genoß das Gefühl der splitternden Knochen. Seinerseits spürte er die Tritte und Schläge des Wirtes kaum. Mit einem brutalen Tritt in die Weichteile seines Opfers beendete er den Kampf und konnte einen lauten Triumphschrei nur mit größter Mühe unterdrücken.
Schwer atmend stand Bendix vor dem ohnmächtigen, aus der Nase blutenden Wirt der „Säbel“, der als einer der erfolgreichsten Hehler Nevongards galt. Der junge Albioner spürte heißen Triumph in der Kehle hochsteigen und konnte nur mit Mühe einen klaren Kopf bewahren. Schließlich zog er einen der Stühle zu sich heran und setzte sich an den Tisch der beiden Gauner, auf dem noch immer ein ganzer Haufen Dokumente lag.
Bendix goß sich zunächst in aller Ruhe einen großen Becher des teuren Weines ein, der ebenfalls auf dem Tisch bereit stand und trank genießerisch. Während er fühlte, wie der edle Tropfen die Kehle hinabrann, blickte er sich um. Bei diesem Ort handelte es sich offenbar um eine Kombination aus Büro und Lagerraum. Ein großes Regal an der kürzeren Wand dieses rechteckigen Raumes beherbergte hunderte, wenn nicht tausende von Dokumenten, während der Rest des Raumes mit verschiedensten Waren gefüllt war. Da gab es tönerne Weinkrüge, Waffen, Schmuck und zahlreiche Blöcke von unbearbeitetem Rauschharz. Der junge Albioner nickte anerkennend: Hier hatte jemand Güter im Wert von vielen Tausend Gulden zusammengetragen!
Um vor unliebsamen Überraschungen gefeit zu sein, lud Bendix zunächst seine Radschloßpistole neu und begann dann, den ohnmächtigen Wirt sorgfältig zu fesseln, zusätzlich verpasste er dem Hehler auch noch einen hübschen Knebel, den er aus einigen alten Säcken geschickt improvisierte. Anschließend machte sich der junge Albioner daran, die Dokumente auf dem Tisch durchzusehen und nach Beweismaterial zu durchsuchen.
Sehr Schnell wurde er fündig: Er entdeckte ein als vertraulich markiertes Pergament, auf dem eine Abmachung zwischen dem Wirt, Richter Blauhut und Hauptmann Hermanis zu lesen war. Ziel der Abmachung war offenbar, einen gewissen Bendix, Händler aus Albion, zu diskreditieren und aus der Stadt zu weisen. Die Intriganten hatten offenbar geplant, einen Teil einer bestellten Bierlieferung heimlich gegen minderwertige Ware auszu-tauschen und dies dann Bendix als Betrug unterzuschieben...
Der junge Freihändler musste grinsen, als er diese Zeilen las, denn selbst, wenn er völlig korrekt 15 Fässer Bier geliefert hätte, wäre er dennoch des Betruges bezichtigt worden. Er rollte die Dokumente zusammen und schob sie sorgfältig unter sein Wams, um sich noch ein wenig in diesem Raum umzusehen, schließlich waren ihm einige Unkosten entstanden...
Ein lautes Knarren der Leiter ließ Bendix aufschrecken, während er gerade einige hochwertige Schmuckstücke in einer mit Samt gefütterten Schatulle untersuchte und anschließend in eine Innentasche gleiten ließ. Als er herumfuhr, sah er, wie sich soeben die Falltür öffnete. Im schummrigen Licht konnte er nicht genau erkennen, wer aus dem Gang nach oben stieg, doch anhand des Helmes drängte sich die Vermutung auf, dass es sich um den Wächter handeln musste, den er betäubt hatte.
Ohne lange Überlegungen nahm Bendix Anlauf und sprang mit einem Satz auf die Falltür, die sich sofort mit einem lauten Scheppern schloß. Von unten drangen laute Schmerzensschreie und wütende Rufe herauf und Bendix blickte sich hektisch um. Mit seiner Pistole hatte er zwar eine kleine Chance gegen den gut gepanzerten Wächter, jedoch zog er es vor, einen weiteren Kampf zu vermeiden. So schnell er konnte rollte er ein großes, volles Weinfass auf die Luke und seufzte erleichtert auf. Der Wächter versuchte zwar, die Falltür zu öffnen, aber durch das zusätzliche Gewicht des Fasses würde ihm das sicher nicht gelingen. Trotzdem war es höchste Zeit, von hier zu verschwinden, die Frage war nur, was er alles mitnehmen sollte...
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